Ilse-Aichinger-Roman erstmals auf der Bühne

„Das größere Abenteuer werde ich haben!“ Das jüdische Mädchen Ellen träumt davon, mit ihrer Mutter in die USA auszuwandern und die Freiheitsstatue zu sehen. In ihrer Heimat herrscht ein autoritäres Regime, in dem Menschen mit jüdischem Glauben „falsch“ sind und deshalb verfolgt werden. Doch Ellen erhält keine Reiseerlaubnis. Sie muss bei ihrer Großmutter bleiben, dort, wo jüdische Kinder einen Stern auf der Brust tragen.Drei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erscheint der einzige Roman der Wiener Schriftstellerin Ilse Aichinger (1921–2016), der aufgrund seiner neuen literarischen Form, den Nationalsozialismus aufzuarbeiten, große Aufmerksamkeit erregt. Es ist die autofiktionale Geschichte ihrer Jugend in Wien, während Aichingers Zwillingsschwester nach England emigrieren konnte.Die hoffnungsvollen Visionen von einem besseren Leben„Mit der Kraft ihrer poetischen Sprache erzählt sie aus der Perspektive einer Jugendlichen, die klarsichtig und unerschütterlich an die Menschlichkeit glaubt. Je bedrohlicher die Situation für Ellen wird, umso hoffnungsvoller sind ihre Visionen von einem besseren Leben“, heißt es auf der Website des Landestheaters Niederösterreich. Der Kritiker und Schriftsteller Hans Weigel schrieb über den Roman, dass damit die Wiedergeburt der österreichischen Literatur gefeiert wurde.Fotostrecke mit 5 Bildern

Luiza Puiu Ilse Aichingers Roman „Die größere Hoffnung“ wird oft als „Jahrhundertwerk“ bezeichnet
Luiza Puiu „Die größere Hoffnung“ ist die dritte Inszenierung Sara Ostertags in St. Pölten
Luiza Puiu Auf der Bühne: Michael Scherff, Bettina Kerl und Julia Kreusch
Luiza Puiu Die Musik zu „Die größere Hoffnung“ stammt von Mira Lu Kovacs
Luiza Puiu Hans Weigel schrieb über den Roman, dass damit die Wiedergeburt der österreichischen Literatur gefeiert wurde Regisseurin Sara Ostertag, die sich mit ihren bildstarken Inszenierungen im In- und Ausland einen Namen machte und am Landestheater Niederösterreich u. a. für die Romane „Dunkelblum“ und „Der Zauberberg“ eine sinnlich-musikalische Bühnenübersetzung fand, bringt „Die größere Hoffnung“ als Uraufführung mit Musik von Mira Lu Kovacs auf die Bühne.Sara Ostertag: „Wie es gelingt, Hoffnung zu kreieren“In einem Gespräch mit den „Niederösterreichischen Nachrichten“ („NÖN“) meinte Sara Ostertag über den Grund, warum sie den Roman für die Bühne adaptierte: „Ilse Aichinger erzählt in fiktionaler Form über ihr Großwerden im Zweiten Weltkrieg und spricht zugleich sehr allgemein darüber, was es bedeutet, in stark krisenhaften Situationen zu leben und sich Realität so zu überschreiben, so dass sie lebbar bleibt. Der Roman bezeugt in einer sehr lyrischen Sprache, wie es gelingt, unter traumatisierenden Bedingungen Hoffnung zu kreieren, das ist das Faszinierende. In der Geschichte ist alles historisch nachvollziehbar, die Orte und Begebenheiten lassen sich genau einordnen. Aber die Erzählung bleibt dennoch beispielhaft für verschiedene historische oder gegenwärtige Situationen der Unterdrückung.“

Luiza Puiu „Die größere Hoffnung“ wird am Landestheater Niederösterreich am 1.12., 21.12. und 22.12.2023 gezeigt sowie am 12.1., 10.2., 14.2. und 2.3.2024 Auf verschiedenen sinnlichen Ebenen soll die Geschichte auf die Bühne übertragen und die unfassbare Situation spürbar gemacht werden. „Durch die Schönheit ihrer Sprache verdeutlicht sie die Grausamkeit des Regimes, weil man erfährt, wie groß die Fantasie sein muss, um die Realität, die eigentlich drunter liegt, aushalten zu können. In allen meinen Inszenierungen spielt Musik immer eine sehr narrative Rolle, die Auslassungen im Erzählen über eine andere sinnliche Ebene füllt“, so die Regisseurin.Mira Lu Kovacs: „Diese Geschichte ist nicht hoffnungslos“Die vielfach ausgezeichnete Sängerin, Musikerin, Komponistin und Performerin Mira Lu Kovacs ist für ihre Bandprojekte „Schmieds Puls“, „5K HD“ und „My Ugly Clementine“ bekannt. Sie wuchs in Neulengbach auf und besuchte die Unterstufe des BORG St. Pölten.Auf der Website des Landestheaters Niederösterreich meint sie auf die Frage nach der Musikalität von Aichingers Text: „Ich fand das ganze Buch unglaublich rhythmisch. Viele Sätze waren wie für Sprechgesang oder wie eine Art Rap ausgelegt, zumindest könnte man es leicht so interpretieren. Daher sitzen ihre Texte auch so, wenn man sie laut liest. Sie sind sehr treffend und direkt. Von Anfang an war klar, es wird düster, aber nicht ohne Lichtungen. Das hat mich zum Chorischen hingeführt, mit dem man so feine, harmonische Netze spannen kann.
Mehr zum ThemaLandestheater 2023/24 mit prominenten Namen

Welche Motive oder Themen waren für die Komposition zentral? Mira Lu Kovacs: „Tatsächlich hat der Titel mir immer wieder geholfen, mich für eine Richtung zu entscheiden. Denn eines ist diese Geschichte nicht: hoffnungslos. Für Hoffnung im Ausweglosen braucht es Fantasie. Manchmal habe ich die Musik trösten, manchmal beweinen lassen. Oft ist sie eine Art neutraler Zuschauer, manchmal ist sie ein erwachsenes Kind, das viel zu viel ahnt.“Das leading team am Landestheater: Sara Ostertag (Inszenierung), Nanna Neudeck (Bühne), Prisca Baumann (Kostüme), Verena Giesinger (Chorleitung) und Julia Engelmayer (Dramaturgie). Auf der Bühne stehen Tobias Artner, Caroline Baas, Bettina Kerl, Mira Lu Kovacs, Julia Kreusch, Laura Laufenberg, Lennart Preining und Michael Scherff. „Die größere Hoffnung“ steht nach der Uraufführung am 1. Dezember bis 2. März noch sechsmal auf dem Spielplan des Landestheaters Niederösterreich in St. Pölten.

Gernot Jahn
Über Gernot Jahn 378 Artikel
Ich bin Jahn Gernot, ein Reise- und Abenteuerliebhaber. Ich liebe es, verschiedene Kulturen und Länder auf der ganzen Welt zu entdecken. Außerdem bin ich ein Tierliebhaber, der gerne Zeit damit verbringt, sie zu beobachten und zu beschützen. Ich verbringe viel Zeit damit, neue Dinge zu lernen und teile mein Wissen gerne mit meinen Mitmenschen.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*