In der Bühnenadaption stehen die beiden Außenseiter „Maik“ und „Tschick“ im Mittelpunkt, die in den Sommerferien mit einem gestohlenen Lada (eine Automarke des russischen Herstellers AwtoWAS) in Richtung „Walachei“ aufbrechen – ohne App und Karte. Dabei treffen sie auf skurrile Figuren wie die junge Isa, die auf einer Müllhalde lebt und die beiden Jungs ein Stück begleitet. Es ist eine Geschichte über den Abschied von der Kindheit und eine Erzählung über Freundschaft jenseits vermeintlicher Grenzen. Es geht um das Einswerden und das Zusammenkommen. „Eigentlich liegt der Stoff jetzt schon eine Weile zurück, und es ist eine neue Generation von Teenagern herangewachsen, die das noch nicht auf der Bühne gesehen haben. Deswegen war es für uns eine kleine Renaissance von einem Stoff, den wir noch immer aktuell finden“, sagt die aufstrebende Regisseurin Mira Stadler, die zuletzt unter anderem am Wiener Burgtheater arbeitete. Sie bringt das große Abenteuer der beiden auf die Bühne in St. Pölten, wo die Produktion des Landestheaters Niederösterreich bei der Bühne im Hof zu Gast ist.
Regisseurin Mira Stadler, ausgezeichnet mit dem Kinder- und Jugendtheaterpreis Stella 2022, möchte auf der Bühne einen „unrealistischen Raum“ schaffen: „wo auch Fantasiebilder entstehen können, weil der Roman ja eine Nacherzählung von diesem Roadtrip ist. Und auf dem kann ruhig etwas passieren, was noch fantasievoller oder karikaturhafter ist als in der Realität.“
Die beiden Hauptdarsteller werden von Tobias Artner („Maik“) und Lennart Preining („Tschick“), beides Ensemblemitglieder des Landestheaters Niederösterreich, gespielt. „Ich glaube, keine Zeit ist so aufregend wie die Jahre zwischen zwölf und 18. Also da passiert irgendwie am meisten auch emotional. Und irgendwie sehnt man sich ja oft in diese Zeit zurück. Und allein, dass das in dieser Zeitspanne stattfindet, macht diese Geschichte einfach so wahnsinnig belebend und aufregend“, sagt Preining gegenüber noe.ORF.at.
Es ist eine Geschichte über den Abschied von der Kindheit. „Und dann setzt Herrndorf die beiden einfach in das Auto rein. Sie lernen auf ihrem Roadtrip Leute kennen. Die machen Erfahrungen und finden Lösungen für Sachen. Sie sind plötzlich extrem autark in ihrem Handeln, was sie die ganze Zeit davor nicht sind, weil sie permanent fremdbestimmt sind und eingeengt werden. Und auf einmal können sie so entdecken, wie sie selbst entscheiden, wie sie selbst leben wollen“, fügt Artner hinzu. Bis Ende April stehen noch zwölf weitere Aufführungen auf dem Programm, hauptsächlich vormittags für Schulklassen.
„Tschick“ wurde mehrfach ausgezeichnet: Am 17. September 2010 erschien Wolfgang Herrndorfs Roman über zwei junge Außenseiter und Ausreißer, der inzwischen einen festen Platz im Literaturkanon hat. Millionen haben den Jugendroman gelesen und waren von der abenteuerlichen Autofahrt der beiden Schulfreunde „Maik“ und „Tschick“ quer durch Ostdeutschland gerührt. Die Kritiker von „F.A.Z.“ bis Deutschlandradio überschlugen sich 2010 vor Lob. Gustav Seibt schrieb in der „Süddeutschen“: „Ein Buch wie ein Roadmovie – nur besser.“
„Tschick“ stand monatelang auf den Bestsellerlisten und erhielt den Deutschen Jugendliteraturpreis 2011 sowie den Clemens-Brentano-Preis und 2012 den Hans-Fallada-Preis. Das in über 25 Ländern erschienene Buch hatte sich bis September 2016 allein in Deutschland über zwei Millionen Mal verkauft und wurde in 36 Sprachen übersetzt.
Heute ist die Road-Novel Schullektüre, wurde vom deutschen Filmregisseur Fatih Akin verfilmt und ist seit Jahren ein Theater-Hit. Zudem war das Stück an der Wiener Staatsoper zu sehen. Es ist eine Hymne auf das Unterwegssein, auf außergewöhnliche Freundschaften, die Offenheit gegenüber Fremden und das Gefühl, das Hier und Jetzt zu lieben. Autor Herrndorf erlebte seinen großen Erfolg nur kurzzeitig. Der gebürtige Hamburger nahm sich 2013 in Berlin das Leben – nach drei Gehirnoperationen und mehreren Chemotherapien im Kampf gegen den Krebs.
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