Die CO2-Emissionen in Niederösterreich sind zwischen 2005 und 2021 um ein Viertel gesunken. Das zeigen die Daten der jüngsten sogenannten Bundesländer-Luftschadstoff-Inventur. Mehr oder weniger gleichzeitig mit Bekanntwerden dieser Daten bekrittelte die Weltklimakonferenz aber, dass Österreich beim Klimaschutz unverändert schlecht auf Platz 32 liegt – hinter Kolumbien. Stellt sich die Frage: Was stimmt?
Reinhard Steurer, Experte vom Institut für Wald-, Umwelt- und Ressourcenpolitik der BOKU Wien, spricht im Interview mit noe.ORF.at von nicht ganz so erfreulichen Nachrichten. „Zwischen 1990 und 2005 sind die Emissionen gestiegen. Seit 2005 sind sie gesunken“, erklärt Steurer. „Das relevante Basisjahr ist 1990. Da schaut der Vergleich dann nicht so toll aus. Wir haben in der EU eine relativ schwache Performance hingelegt.“
Seit 1990 seien die CO2-Emissionen in der EU im Schnitt um die 30 Prozent gesunken – „und in Österreich bis 2020 gar nicht“, so Steurer. „Seit 2020 ist es zu einem Rückgang gekommen. Das hat aber weniger mit der Klimapolitik zu tun, sondern mehr mit der Pandemie und dann mit den hohen Energiepreisen im letzten Jahr, da ist es dann zum Rückgang von sechs bis sieben Prozent gekommen.“ Auch Einmaleffekte wie das Abschalten des Kohlekraftwerks Dürnrohr spielen eine Rolle.
Der Experte warnt: Dass Niederösterreich seit 2005 bundesweit die größten Einsparungen zu verzeichnen hatte, „soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch in Niederösterreich nach wie vor Sektoren gibt, die ein Problem sind. Zum Beispiel in der Landwirtschaft sind die Emissionen zu schwach zurückgegangen – und im Verkehr sind sie seit 1990 so wie im Rest von Österreich gestiegen statt gesunken.“
Der Verkehr ist für ein Drittel der Emissionen verantwortlich. Es brauche also die vielzitierte Verkehrswende, etwa mit E-Autos. „Mehr Elektroautos bedeutet allerdings einen höheren Stromverbrauch und deswegen wäre es ganz wichtig, dass neben der Photovoltaik auch die Windenergie stark ausgebaut wird – auch in Niederösterreich und Niederösterreich hat da nach wie vor viel Potenzial, auch wenn bereits viele Windräder existieren“, so Steurer.
„Rückgang ist kein klimapolitischer Verdienst“
Zusammenfassend fand der Experte gegenüber noe.ORF.at klare Worte zur veröffentlichten Statistik: „Der Rückgang ist kein Grund zum Jubeln, weil er in erster Linie mit den Verwerfungen auf den Energiemärkten zu tun hat, mit den hohen Energiepreisen. Es ist kein klimapolitischer Verdienst.“
Er merkte an: „Wenn wir uns vorstellen, dass wir jedes Jahr solche Rückgänge brauchen würden, um bis 2040 klimaneutral sein zu wollen, dieser Effekt aber heuer und nächstes Jahr nicht mehr passieren wird, weil sich die Energiepreise stabilisiert haben bzw. zurückgegangen sind, dann bedeutet das, die notwendigen Anstrengungen, um dran zu bleiben, sind riesengroß.“ Es brauche Anstrengungen von einer Mehrheit der Bevölkerung, von allen größeren Parteien und den Sozialpartnern, meinte der Experte.
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